Miss Rosi, 2005

60 x 120, Acryl auf Leinwand
In diesem Werk »Miss Rosi« (2005) zeigt sich Sabina Bockmühl in einer frühen Phase ihrer malerischen Auseinandersetzung mit Physiognomie, Alter und Würde. Das Porträt dominiert durch seine Radikalität im Ausschnitt – ein extremer Close-up, der das Gesicht nahezu überlebensgroß in Szene setzt. Die Augen sind geschlossen, der Ausdruck in sich gekehrt, fast abwesend – und doch durchzogen von einer stillen Würde. Die monochrome Gelbpalette, durchzogen von gebrochenen Ockertönen und rötlichen Schatten, lässt das Bild wie in einem einzigen, konzentrierten Lichtton flimmern. Die große Brille – ikonisch, transparent, pastos gearbeitet – fungiert als visuelle Membran: Sie trennt und verbindet zugleich die innere und äußere Welt der Dargestellten. Im Gegensatz zu Bockmühls späteren Arbeiten, die stärker mit Ornamentik, Urbanität und hybrider Technik spielen, ist »Miss Rosi« malerisch konzentriert, körperlich nah, fast ungeschützt. Das Werk erinnert in seiner Direktheit an Lucian Freud oder Alice Neel – doch ohne deren schonungslosen Gestus. Stattdessen verleiht Bockmühle ihrer Protagonistin eine stille Erhabenheit, getragen von Farbe, Haut, Struktur und einem selbstgewählten Rückzug aus dem Blick der Welt.